Mindfields |
Dienstag, 25. Juni 2002
Sommer.
mindfields
14:06h
weiter.
Im Sommer, wenn die Nächte mild waren und der Himmel klar und weit, übersäht mit Sternen, als wenn ein greiser Maler mit zittriger Hand den Pinsel über der Leinwand gesäubert hätte, spazierte er oft durch die Strassen. Er war groß, hager, seine Haare wurden vom lauen Nachtwind ein wenig zerwühlt aber er bemerkte es kaum, denn mit seinen Gedanken schien er stets anderswo. Sein Gesicht sah dann so weich und entfernt aus und der Ausdruck darin war nicht auszumachen. Er lag zwischen tiefer Traurigkeit und kindlicher Freude und umfasste noch dazu alles dazwischen. Er kam nie vor vier Uhr nachts zurück nach Hause. Wie ein Schatten erschien er an der Straßenecke und lautlos fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Ich weiß nicht mehr, in welchem fixen oder trunkenen Moment, in welcher Nacht ich beschloss ihm zu folgen. Es war für mich ein wenig wie Scottland Yard spielen- die Jagd nach Mr.X. Ich gab mir verdammt viel Mühe, damit er mich nicht bemerkte und wie es aussah, war ich erfolgreich. So lief er weiter durch die Nächte, durch die Stadt und ich, sein Schatten, folgte ihm. Er führte mich in Ecken und Gegenden, die ich nie zuvor gesehen hatte. Hinterhöfe, die wie kleine, verwunschene Parks unter den Sternen erblühten und auf deren anderer Seite alte Herrenhäuser ihre Umrisse gegen den dunklen Himmel warfen. Straßen, die noch mit alten Kopfsteinen gepflastert waren. Orte, in denen seit Jahren niemand mehr zu leben schien. In solchen Augenblicken durchfuhr mich eine scharfe Schuldigkeit. Ein unwohles Gefühl. Als ob ich einen verbotenen Ort betreten hatte, etwas sah, was nicht für meine Augen bestimmt gewesen war. Ich schob dieses Gefühl schnell bei Seite. Nur morgens, wenn ich erschöpft von den Wegen im Bett lag und mir die Bilder wieder vor Augen rief, dann kehrte es zurück. Dieses seltsame schlechte Gewissen. Kurz bevor ich weg dämmerte. Eines Nachts verlor ich ihn. Er war plötzlich verschwunden und ich vermutete, ich hatte kurz nicht aufgepasst. Ich sah mich um. Er blieb unauffindbar. Die Stille legte sich bedrohlich und schwer um mich. Ich merkte, wie alleine ich hier war. Alleine. Ich wusste nicht wo ich war und in der Ferne donnerte es. Ein Gewitter nahte. Ich wusste nicht, wie weit es bis nach Hause war, geschweige denn in welcher Richtung dieser Ort lag. Normalerweise wäre ich ihm bis kurz vor die Haustür gefolgt, aber er war nirgends zu sehen. Weg. Fort. Verschwunden. Etwa eine Stunde später, zitternd und völlig durchnässt, stand ich wieder im Hausflur. Mir war zum Heulen zumute, kalt und ich hatte Furchtbare Angst gehabt. Allein. Dort draußen. Leise fluchend schleppte ich mich bis in den zweiten Stock, in dem meine Wohnung lag. Im ersten Stock warf ich einen flüchtigen Blick auf seine Haustür. Ich sank schluchzend an seine Schulter und merkte nur noch, wie er mir den Schlüssel aus der Hand nahm und mich in meine Wohnung führte. Er begann zu erzählen. /*Geschrieben von home-coming-queen am
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